Peter Sodann

* 01.06.1936 in Meißen
† 05.04.2024 in Halle

Angelegt am 07.04.2024
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Über den Trauerfall (1)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Peter Sodann, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Peter Sodann

07.04.2024 um 11:39 Uhr von Redaktion

Leben

Herkunft und Ausbildung

Peter Sodann stammt aus einer Arbeiterfamilie und wuchs in Weinböhla in der Nähe von Meißen auf. Sein Vater wurde, 44-jährig, 1944 in die Wehrmacht eingezogen und fiel noch im selben Jahr an der Ostfront. Sodann war Mitglied der Freien Deutschen Jugend FDJ. Nach einer Lehre als Werkzeugmacher holte er mit dem Besuch der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät 1954 bis 1957 das Abitur nach. Sodann studierte Jura an der Universität Leipzig, bevor er 1959 an die Theaterhochschule Leipzig wechselte.


Auszug aus Unterlagen der Staatssicherheit, Vorgang der SED Bezirksleitung Leipzig zum „Rat der Spötter“
In Leipzig leitete er das Studentenkabarett „Rat der Spötter“, in dem neben anderen auch Ernst Röhl Mitglied war. Nachdem ein Programm 1961 als konterrevolutionär eingestuft worden war, musste sich das Kabarett auflösen. Sodann hatte u. a. einem Stoffhund das Parteiorgan Neues Deutschland in den Hintern geschoben. Sodann wurde in Untersuchungshaft genommen, aus der SED ausgeschlossen und wegen staatsgefährdender Hetze zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, die nach zehn Monaten in vier Jahre Bewährung umgewandelt wurden. Er machte im VEB Starkstromanlagenbau Leipzig eine Ausbildung zum Spitzendreher. Ab 1963 konnte er sein Studium fortsetzen.

Privates

Sodann war ab 1995 in zweiter Ehe mit seiner Frau Cornelia geborene Brenner verheiratet. Er war Vater zweier Söhne und zweier Töchter und lebte mit seiner Familie in Staucha Ortsteil von Stauchitz bei Meißen. Sein Sohn Franz Sodann wurde bei den Landtagswahlen 2014 und 2019 für die Linke in den Sächsischen Landtag gewählt.


Karriere

Theater

Das neue theater in Halle Saale
Sein erstes Engagement hatte Sodann 1964 am Berliner Ensemble unter Helene Weigel. 1966 wechselte er an die Städtischen Bühnen Erfurt, 1971 an das Städtische Theater Karl-Marx-Stadt, wo er erste Regiearbeiten durchführte, und 1975 als Schauspieldirektor an die Städtischen Bühnen Magdeburg. Eine Vielzahl von klassischen und Brecht-Rollen gehörten zu seinem Repertoire als Theaterschauspieler und Regisseur.

Ab 1980 lebte und arbeitete er in Halle Saale, zunächst als Schauspieldirektor des Landestheaters und bis zum 2. Juli 2005 als Intendant des „neuen theaters“. Mit dem gesamten Ensemble schuf er ab 1981 aus einem alten Kinosaal ein kulturelles Zentrum von Halle. Zur Halleschen „Kulturinsel“ gehören inzwischen der Große Saal, ein Hoftheater, ein Kammertheater „Kommode“, ein Puppentheater, eine Galerie, eine Bibliothek, in der Sodann zwischen 1945 und 1989 in der DDR erschienene und teilweise vom Müll gerettete Literatur sammelte, ein Literaturcafé und eine Theaterkneipe „Strieses Biertunnel“, benannt nach der Hauptfigur des Theaterdirektors Emanuel Striese aus der Komödie Der Raub der Sabinerinnen.

Sodanns Intendanz endete mit der Spielzeit 2004/2005 gegen seinen Willen, da er den Wunsch hatte, 2006 mit dem 25-jährigen Jubiläum seines Theaters mit 70 Jahren auszuscheiden. Die Stadt Halle Saale bestand jedoch auf einem neuen Intendanten schon vor diesem Zeitpunkt. Obwohl er für seine Verdienste am 28. April 2005 von der Stadt Halle zum Ehrenbürger ernannt wurde, fühlt er sich mit eigenen Worten „vor die Tür gesetzt“. Sein Nachfolger war Christoph Werner, der bisherige Intendant des Puppentheaters Halle.

Zusammen mit dem ehemaligen Bundesminister Norbert Blüm ging Sodann im Herbst 2007 auf Tournee durch kleinere Hallen. Gespielt wurde ein eigenes Kabarettprogramm mit dem Titel „Ost-West-Vis-à-Vis“.


Film und Fernsehen

In den 1970er Jahren begann auch Sodanns Tätigkeit in Film und Fernsehen, wo er in Gegenwartsfilmen meist Vertrauen erweckende, väterliche Gestalten verkörperte. Seine erste Rolle hatte er als Sekretär Blechnagel in der siebenteiligen Fernsehserie Stülpner-Legende. Für seine Rolle des Lehrers Boltenhagen in dem Jugendfilm Erscheinen Pflicht wurde er 1984 mit dem Nebendarstellerpreis auf dem 3. Nationalen Spielfilmfestival der DDR ausgezeichnet. In den DEFA-Märchenfilmen Gritta von Rattenzuhausbeiuns 1985 und Froschkönig 1988 übernahm er die Rolle des Königs.

Nach der Wende wurde er insbesondere durch Fernsehproduktionen bekannt. Ab Januar 1992 war er als Kommissar Bruno Ehrlicher beginnend mit der 253. Folge Ein Fall für Ehrlicher in der ARD-Krimireihe Tatort, zusammen mit Bernd Michael Lade als dessen Kollege Kommissar Kain, zu sehen. Im November 2007 lief nach 45 Fällen unter dem Titel Die Falle ihr letzter gemeinsamer Tatort. Zwischen 2005 und 2007 war er in der Rolle des Kommissar Ehrlicher auch in der KiKA-Serie Krimi.de zu sehen. 2008 las er die Folgen Feuertaufe und Sonnenfinsternis als Hörbuch ein.

1995 spielte Sodann in der Erich-Loest-Romanverfilmung Nikolaikirche den General des Ministeriums für Staatssicherheit. 2000 war er in dem Doku-Drama Deutschlandspiel des ZDF als Politiker Erich Mielke zu sehen. In dem ZDF-Fernsehvierteiler Liebesau – Die andere Heimat von Wolfgang Panzer übernahm er 2002 die Rolle des Pfarrer Nulsch. Unter der Regie von Sharon von Wietersheim war er 2003 neben Valerie Niehaus, Gedeon Burkhard und Tim Bergmann als Witwer Bertram in der Filmkomödie Das bisschen Haushalt zu sehen. Von 2008 bis 2013 übernahm er Schulamtsleiter Dr. Rudolf Bräuning in der Kinder- und Jugendfernsehserie Schloss Einstein eine feste Serienrolle. In dem ARD-Zweiteiler Die Männer der Emden war er 2013 in der Rolle des Generaloberst von Leutenburg zu sehen. In dem Fernsehkrimi Zorn – Vom Lieben und Sterben spielte er 2015 an der Seite von Annekathrin Bürger das Ehepaar Kalze. In Andreas Dresens biografischem Film Gundermann war er 2018 als Veteran auf der Kinoleinwand zu sehen.


Peter-Sodann-Bibliothek

Der Hausherr der Peter-Sodann-Bibliothek Staucha

Das Hoftheater Staucha ist Teil der Peter-Sodann-Bibliothek
Ab 1990 sammelte Peter Sodann Bücher, die zwischen 1945 und 1990 in den Verlagen der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR erschienen sind, „um sie für nachfolgende Generationen dokumentarisch zu sichern“, so der Vorsitzende des 2007 gegründeten Fördervereins Eberhard Richter. Nach langer Suche nach einem geeigneten Standort für die auf mittlerweile über zwei Millionen Bände angewachsene Sammlung, wurden dem Verein 2011 von der Gemeinde Stauchitz Gebäude eines ehemaligen Rittergutes zur Verfügung gestellt.

Im Mai 2012 wurde die „Peter-Sodann-Bibliothek“ offiziell eröffnet. Sodann plante, weitere Bibliotheken dieser Art in Ostdeutschland aufzubauen. Dafür wurde eine Genossenschaft ins Leben gerufen, die inzwischen 2020 knapp 130 Mitglieder hat. So soll erreicht werden, dass der Fortbestand der Bibliotheken nicht mehr allein von ihm abhängt, sondern von vielen getragen wird. In Magdeburg wurde im Oktober 2020 erstmals eine Bücherkiste als Anlaufpunkt zum Verkauf von Büchern in einer Großstadt geschaffen


Engagement

Politisches Engagement

Am 4. Juli 2005 kündigte Sodann an, als parteiloser Spitzenkandidat, auf einer offenen Liste der Linkspartei.PDS, die später in der Partei Die Linke aufging, in Sachsen zur Bundestagswahl 2005 zur Verfügung zu stehen. Zwei Tage später zog er seine Ankündigung zurück, da eine Kandidatur und gegebenenfalls ein späteres Mandat aufgrund der Chancengleichheit gegenüber allen Bewerbern nicht mit einer medialen Präsenz vereinbar seien. Schauspieler und andere Mitarbeiter, die zu einer Wahl antreten, dürfen nach internen Richtlinien der ARD sechs Wochen vor der Wahl als Bewerber um ein Mandat oder als Mandatsträger nicht im Fernseh- oder Hörfunkprogramm als gestaltende Personen Schauspieler, Moderatoren usw. der ARD auftreten. Sein Rückzug wurde aber auch auf die heftige Kritik Katja Kippings bezüglich der Nichteinhaltung des Parteistatuts zurückgeführt, das für alle ersten Listenplätze der Länder eine Frau vorsieht.

Am 14. Oktober 2008 gab Die Linke bekannt, dass Sodann im Mai 2009 als Kandidat der Partei für das Amt des Bundespräsidenten antreten würde. Teils heftige Kritik gab es in den Medien unter anderem an Sodanns Zweifel im Oktober 2008, ob die Bundesrepublik Deutschland demokratisch sei. Sodann lobte das Grundgesetz und sagte, er sehe die Demokratie in Deutschland heute jedoch als „schwächelnd“ beziehungsweise keine „richtige Demokratie“ an. Sodann erläuterte dies damit, dass seiner Ansicht nach in der deutschen Politik die Würde des Menschen Artikel 1 des Grundgesetzes nicht ernst genommen wird. Im Jahr 2010 bezeichnete er in diesem Zusammenhang die Demokratie als „das Schwierigste, was den Menschen einfallen könne“.

Im Oktober 2008 erregte Sodann Aufsehen mit der Äußerung, dass er, wenn er nicht nur im „Tatort“ Kommissar wäre, den damaligen Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, verhaften würde.

Am 23. Mai 2009 erhielt Sodann in der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten 91 Stimmen zwei Stimmen mehr als Die Linke Delegierte hatte. Der bis zum 31. Mai 2010 amtierende Bundespräsident Horst Köhler CDU gewann die Wahl im ersten Wahlgang. Bei der Bundestagswahl 2009 rief Sodann öffentlich zur Wahl der Partei Die Linke auf.


Soziales Engagement

Ab August 2005 war Sodann Botschafter der Stiftung Kinderhospiz Mitteldeutschland und engagierte sich für todkranke Kinder und deren Familien. Am 25. Februar 2006 übernahm er den Vorsitz des neu gegründeten Silberbüchse e. V., des Fördervereins Karl-May-Haus in Hohenstein-Ernstthal.

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