Über den Trauerfall (10)
Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Manfred Stolpe, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.
Manfred Stolpe
31.12.2019 um 17:31 Uhr von RedaktionManfred Stolpe (* 16. Mai 1936 in Stettin; † 29. Dezember 2019 in Potsdam) war ein deutscher Politiker (SPD). Er war von 1990 bis 2002 der erste Ministerpräsident des Landes Brandenburg nach der Wende und von 2002 bis 2005 Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
Ausbildung
31.12.2019 um 17:30 Uhr von RedaktionNach dem Abitur 1955 in Greifswald begann Stolpe ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Jena, welches er 1959 mit dem Abschluss Diplom-Jurist beendete. Von 1959 bis zum Mauerbau 1961 war er Gaststudent an der Freien Universität Berlin
Kirchlicher Werdegang
31.12.2019 um 17:30 Uhr von RedaktionStolpe war von 1959 bis 1969 bei der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg tätig, ab 1962 als Leiter der Geschäftsstelle der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR, von 1963 bis 1966 auch Referent des lausitz-neumärkischen General-Superintendenten Günter Jacob. Von 1969 bis 1981 war er Leiter des Sekretariats des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR. Ab Januar 1982 war er Konsistorialpräsident der Ostregion der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Von 1982 bis 1989 war er zusätzlich stellvertretender Vorsitzender des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR.
Öffentliche Ämter nach der Wende
31.12.2019 um 17:29 Uhr von RedaktionVom 1. November 1990 bis zum 26. Juni 2002 war er Ministerpräsident des Landes Brandenburg. Als Landtagsabgeordneter vertrat er gleichzeitig den Wahlkreis Cottbus mit einem Direktmandat. Im Sommer 2002 trat er zugunsten von Matthias Platzeck als Ministerpräsident zurück. Einer der Gründe für seinen Rücktritt war die Koalitionskrise der Großen Koalition in Brandenburg infolge einer Abstimmung im Bundesrat über das Zuwanderungsgesetz: Stolpe hatte mit „ja“ gestimmt, der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) dagegen mit „nein“. Das uneinheitliche Votum wurde von Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) als Zustimmung gewertet. Diese Entscheidung wurde vom Bundesverfassungsgericht ein halbes Jahr nach Stolpes Rücktritt als Ministerpräsident als grundgesetzeswidrig annulliert. Stolpe hinterließ dem Land die mit erheblichen Landesmitteln geförderten und letztendlich gescheiterten Investitionsruinen Cargolifter und Chipfabrik Frankfurt (Oder) sowie den unwirtschaftlichen EuroSpeedway Lausitz.
Nach der Bundestagswahl 2002 wurde er am 22. Oktober 2002 als Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen in die von Bundeskanzler Gerhard Schröder geführte Bundesregierung berufen. In seiner Position als Bundesverkehrsminister ist der Name von Manfred Stolpe eng mit dem misslungenen Einführungsversuch einer Lkw-Maut in Deutschland zum 31. August 2003 verbunden. Die umstrittenen Verträge waren von seinem Vorgänger Kurt Bodewig ausgehandelt und unterzeichnet worden. Stolpe wurde von mehreren Seiten ein nicht nachvollziehbar nachsichtiges Verhalten gegenüber dem Vertragspartner Toll Collect vorgeworfen. Die CDU forderte im Zusammenhang mit der gescheiterten Mauteinführung und dem unvorhergesehenen Milliardenverlust für die Staatsfinanzen ab Herbst 2003 seinen Rücktritt als Bundesminister.
Der in seiner Amtszeit verabschiedete Bundesverkehrswegeplan 2003 für den Zeitraum 2001 bis 2015 trägt seine Handschrift (er war von der EU-Ost-Integration überzeugt) und ist von der EU-Erweiterung 2004 geprägt: erstmals rückte die Entwicklung von Ost-West-Verkehrsachsen bzw. -Magistralen nach Tschechien und Polen in den Fokus der Planungen.
Überwiegend positiv bewertete die deutsche Wirtschaftspresse das 2004 von ihm initiierte Programm Stadtumbau West. Es ermöglicht schrumpfenden Kommunen die Umgestaltung und den Abriss ganzer Stadtareale, um der Slumbildung vorzubeugen.
Nach der Bundestagswahl 2005 – sie führte zu einem Regierungswechsel und einer großen Koalition – schied Stolpe am 22. November 2005 aus dem Amt. Sein Nachfolger als Verkehrsminister wurde Wolfgang Tiefensee (SPD).
Stolpe gehörte dem Domkapitel Brandenburg an. Außerdem war er Mitglied im Lenkungsausschuss des deutsch-russischen Petersburger Dialogs.
Politisches
31.12.2019 um 17:28 Uhr von RedaktionKontakte zum Ministerium für Staatssicherheit
Während seiner Tätigkeit in der Kirchenleitung in der DDR hatte Stolpe regelmäßige Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit. Nach seiner eigenen Aussage waren alle diese Kontakte im Interesse und Sinne der Kirchenmitglieder; Kritiker hingegen meinen, er habe Kircheninterna und Informationen aus der DDR-Opposition verraten. Oppositionskreise der DDR waren überzeugt, dass Stolpe mit der Stasi zusammenarbeitete. Die Realisierung von Ausreiseanträgen brachten sie mit seinem Namen in Verbindung. Seine Tätigkeiten waren und sind umstritten. Manche Vorwürfe werden als haltlos angesehen. Kritiker meinen, er habe sicherlich „nicht ohne Grund“ 1978 die Verdienstmedaille der DDR in einer konspirativen Wohnung der Staatssicherheit erhalten.
In seiner Amtszeit als Ministerpräsident von Brandenburg kam es zu einem Rechtsstreit mit der Gauck-Behörde. Das Verwaltungsgericht Berlin entschied am 3. Juni 1993, dass Joachim Gauck nicht länger behaupten darf, Stolpe sei ein wichtiger inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit gewesen. Dagegen lehnte das Gericht die Forderung Stolpes ab, Gauck alle bisher wertenden Äußerungen über Stolpe zu verbieten.
Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Landes Brandenburg kam 1994 zu dem Ergebnis, Stolpe sei kein Zuträger der Staatssicherheit gewesen, sondern von staatlicher Seite als gleichrangiger Verhandlungspartner angesehen worden. Er habe weder Menschen noch der Kirche geschadet.
Die Birthler-Behörde legte 2003 ein über 1200-Seiten-Dossier zu Manfred Stolpe alias IM „Sekretär“ vor. Damit thematisierte sie erstmals die Unterlagen über einen amtierenden Bundesminister.
Das Bundesverfassungsgericht (Az: 1 BvR 1696/98) entschied im Oktober 2005 im Rahmen einer Aufhebung eines Urteils des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1998, dass eine Bezeichnung Stolpes als ehemaliger Stasi-Mitarbeiter oder „Inoffizieller Mitarbeiter“ nicht zulässig sei. Die Stasi-Unterlagenbehörde verwies allerdings umgehend darauf, dass sich das Urteil lediglich auf „eine Äußerung im politischen Meinungsstreit“ beziehe und bekräftigte nochmals, dass Stolpe – wie in einem Gutachten aus dem Jahre 1992 festgestellt wurde – unabhängig von der Tatsache, ob er je als Mitarbeiter rekrutiert worden sei, als IM „Sekretär“ und über 20 Jahre hinweg als „ein wichtiger IM im Bereich der evangelischen Kirche der DDR“ in den Akten der Staatssicherheit geführt worden sei. Spätere Aktenfunde, zuletzt 2003, hätten diese Bewertung weiter untermauert. Nach seiner eigenen Aussage hat Manfred Stolpe wissentlich niemandem durch seine Kontakte zur Stasi geschadet.
2011 kam ein für die Enquetekommission des Brandenburger Landtages erstelltes Gutachten zu dem Ergebnis, Stolpe sei wichtiger IM der Stasi gewesen und hätte zwischen 1990 und 1994 eine Aufforderung zur Niederlegung seines Landtagsmandat ob der Stasi-Kontakte erhalten müssen. Diese Sichtweise wurde allerdings kontrovers in der Sitzung der Enquetekommission diskutiert und teilweise abgelehnt.
SPD[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Seit 1990 war Stolpe Mitglied der SPD. Von 1991 bis 2002 war er Mitglied im SPD-Parteivorstand.